Kolumne

«Das Problem mit dem Sozialismus ist, dass einem irgendwann das Geld der anderen Leute ausgeht.» Dieses Zitat von Margreth Thatcher weist auf ein grundsätzliches Problem in der Politik hin. Politiker wollen gewählt werden. Dafür versprechen sie, alle Bedürfnisse ihrer Wähler zu befriedigen: Bessere Züge und Strassen, 13. AHV-Rente, Krankenkassenverbilligungen, Landesverteidigung, Tagesschulen, Kultur, Sport, etc, etc. Das alles kostet. Weil Regierungen kein eigenes Geld haben, wird es vom Volk mittels Steuern beschafft.
Kaum jemand zahlt gerne Steuern, selbst wenn die Leistung des Staats wie in der Schweiz noch OK ist. In Deutschland sieht es schon anders aus. Das Missverhältnis zwischen Steuerbelastung und staatlicher Leistung nimmt laufend zu. Obwohl ein Steuerpflichtiger bei einem Einkommen von 60’000 Euro für jeden zusätzlich verdienten Euro 40 Cents Steuern plus 20 Cents Sozialabgaben zahlt, sind die Sozial- und Asylausgaben aufgebläht, die Verkehrsinfrastruktur marode und die Kriminalität hoch.
Als Folge steigen die Staatsausgaben ungebremst weiter. In Industriestaaten wie Japan, Frankreich, Grossbritannien und den USA betragen die Schulden mittlerweile weit über 100% des BIP – und jedes Jahr kommen einige Prozentpunkte hinzu. Seit COVID scheint die Tugend der Sparsamkeit beim Staat völlig verloren gegangen zu sein.
Aktuell verlangen Klimawandel, Verteidigungsfähigkeit und Künstliche Intelligenz nach hohen Investitionen. Doch nach Jahren der Defizitwirtschaft sind viele Staaten in einer politischen Blockade gefangen, wie das Beispiel Frankreich zeigt. Volk und Politik benehmen sich wie Kinder in einer Party, die man bis zuletzt auskosten will. Reformen sind nicht mehr möglich. Aber irgendwann wird die Party enden. Das erlebte Grossbritannien 2022 mit dem durch die Regierung Truss verursachten Finanzcrash. Und viele fragen sich, wann Frankreich in die Krise schlittelt.
Die Schweiz ist bisher eine Ausnahme. Das Volk hatte die griechische Sage von Odysseus zum Vorbild genommen und die Politiker an den Mast gebunden, damit sie den politischen Sirenengesängen widerstehen. Das Resultat war die Schuldenbremse und damit stabile und bis COVID sogar abnehmende Schulden des Bundes.
Doch der Widerstand gegen die Sirenengesänge bleibt notwendig: Mitte, SP, Grüne und glp wollen die Schuldenbremse lockern, denn Schulden machen ist bequemer, als Prioritäten setzen und harte Entscheidungen fällen. Und mit Schulden finanzierte Geschenke bringen Wählerstimmen.
Doch ohne Schmerzen geht’s leider nicht. Ein Beispiel: Unsere Sicherheitslage ist schlecht und die Landesverteidigung muss ausgebaut werden. Aber selbst das rechtfertigt nicht eine Lockerung der Schuldenbremse. Zwar wird man die benötigten 1‒2 Mia. Franken jährlich nicht zusätzlich zum schwierigen Entlastungspaket 27 einsparen können. Aber statt mehr Schulden sind höhere Steuern die ehrliche Antwort. Beispielsweise eine auf 6 Jahre beschränkte Erhöhung der Mehrwertsteuer, die zur Hälfte für die (unsinnige) 13. AHV-Rente und zur Hälfte für die Armee eingesetzt wird. Die Mehrwertsteuer ist die richtige Steuer: alle zahlen sie und alle profitieren von Sicherheit.
Dank der Schuldenbremse ist die Schweiz finanzpolitisch stabil. Man will hier sein Geld anlegen. Das führt zu tiefen Zinsen. So kann der Bund Steuereinnahmen sinnvoller als für Schuldzinsen einsetzen. Auch Hausbesitzer, Mieter, Unternehmen und Private profitieren von tiefen Schuldzinsen. In den letzten Jahren ist das Zinsniveau in der Schweiz tief geblieben, jenes im Ausland hingegen angestiegen. Gerade in den letzten Jahren haben sich die Zinsen in der Schweiz von jenen im Ausland abgekoppelt.
Zur Stützung unseres Wohlstandes ist die Schuldenbremse eine wichtige Institution. Und starke Institutionen sind ein wirksamer Schutz vor Krisen. Das haben die Nobelpreisträger Acemoğlu und Robinson in ihrem Buch «Warum Nationen scheitern. Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut» aufgezeigt. Widerstehen wir also den Sirenengesängen der Politiker und halten an der Schuldenbremse konsequent fest. Alles andere wäre der Beginn des Niederganges!
Zur Person:
Stefan Brupbacher, promovierter Jurist, war Generalsekretär des WBF sowie der FDP Schweiz und sammelte Erfahrungen in verschiedenen Führungspositionen. Seit 2019 ist er Direktor von Swissmem und Vorstandsmitglied von Orgalim, dem europäischen Dachverband der Technologie-Industrien.








