«Wir setzen alles daran, Unmögliches möglich zu machen»

    Seit der Gründung im Jahr 1993 hat die Stiftung Kinderhilfe Sternschnuppe über 3’600 Herzenswünsche von Kindern und Jugendlichen mit einer Krankheit oder Beeinträchtigung erfüllt. Die gemeinnützige und schweizweit tätige Non-Profit-Organisation mit Geschäftsstellen in Zürich und Lausanne bringt Freude und Abwechslung in das Leben von Kindern und Jugendlichen, die mit einer Krankheit oder Beeinträchtigung leben. Für sie holt das Sternschnuppen-Team die Sterne vom Himmel. Nicole Sami, Geschäftsleiterin der Sternschnuppe in Zürich, über Herzenswünsche und glänzende Kinderaugen.

    (Bild: Sternschnuppe) Debora fährt Gokart mit Super Mario.

    Letztes Jahr feierte die Kinderhilfe Sternschnuppen ihr 30-jähriges Jubiläum. Wie ist diese gemeinnützige Organisation entstanden?
    Nicole Sami: Ein Ehepaar aus der Region Zürich hatte ein betroffenes Kind in ihrem Bekanntenkreis. Inspiriert durch eine Stiftung aus den USA, die Kindern ein Herzenswunsch erfüllte, gründeten sie zuerst einen Verein, der dem Mädchen einen Wunsch erfüllte: Eine Reise ins Disneyland Paris. 1993 wurde aus dem Verein dann die Stiftung Kinderhilfe Sternschnuppe, die am 24. Dezember 1993 ins Handelsregister eingetragen wurde und nun bereits seit über 30 Jahren Wünsche erfüllen darf.

    Was sind die Meilensteine der letzten 30 Jahren?
    Die Stiftung ist in den letzten 30 Jahren gewachsen und hat sich professionalisiert. Neben den Herzenswünschen kamen bald die Sternenprojekte dazu. Später dann noch das Angebot der Freizeitsterne. Besonders augenfällig ist auch die Digitalisierung der Arbeit. In den Anfängen wurde wenig elektronisch festgehalten, heute vereinfachen die digitalen Prozesse die tägliche Arbeit. Am 1. Juli dieses Jahres wurde ausserdem die Sternschnuppe-App ins Leben gerufen – ein bedeutender Meilenstein für das Freizeitsterne-Angebot, das seit seiner Einführung im Jahr 2011 eine beeindruckende Erfolgsgeschichte verzeichnet. Dank der App können Familien nun viel einfacher auf das vielfältige Angebot zugreifen und Eintrittstickets für unsere Freizeitsterne-Partner einfach und spontan buchen.

    Was sind Ihre Dienstleistungen?
    Herzenswünsche: Wir erfüllen den innigsten Herzenswunsch von Kindern und Jugendlichen, die mit einer Krankheit oder Beeinträchtigung leben, und lassen Träume wahr werden. Die Herzenswünsche sind dabei so individuell wie die Kinder, die sie träumen. Bei jeder Wunscherfüllung steht das Kind im Mittelpunkt. Die Mitarbeitenden der Sternschnuppe setzen alles daran, seinen Herzenswunsch zu erfüllen und ihm ein unvergessliches Erlebnis zu ermöglichen. Gleichzeitig ist es der Stiftung ein grosses Anliegen, die ganze Familie in die Wunscherfüllung einzubeziehen. Oft stehen die Geschwister durch die Erkrankung eines Bruders oder die Beeinträchtigung einer Schwester im Alltag zurück und müssen auf vieles verzichten. Die Erfüllung eines Herzenswunsches soll deshalb stets auch ein freudiges Erlebnis für die Geschwister und Eltern sein.

    (Bild: zVg) Nicole Sami, Geschäftsleiterin der Stiftung Kinderhilfe Sternschnuppe: «Unsere Arbeit stärkt das Gefühl von Gemeinschaft und Solidarität.»

    Freizeitsterne: Neben der Erfüllung von Herzenswünschen schenkt die Kinderhilfe Sternschnuppe der ganzen Familie abwechslungsreiche Ausflüge und unbeschwerte Freizeitaktivitäten. Mit den Freizeitsternen und der Sternschnuppe-App verschenkt die Stiftung Ausflüge in rund 40 Partnerinstitutionen aus dem Freizeit- und Kulturbereich und übernimmt dafür die Eintrittskosten. Dieses Angebot wendet sich an Familien mit einem Kind im Alter von 6 bis 18 Jahren. Auch Organisationen, die betroffene Kinder betreuen oder sich für deren Interessen einsetzen, profitieren davon. Mit den Freizeitsternen bleibt die Kinderhilfe Sternschnuppe langfristig im Alltag der Familien präsent. Das Angebot können auch Familien nutzen, deren Kind noch keinen Herzenswunsch geäussert hat.

    Sternenprojekte: Darüber hinaus unterstützt die Sternschnuppe Projekte, die Freude und Abwechslung in das Leben von Kindern in Wohnheimen oder Spitälern bringen. Auch heilpädagogische Schulen und Interessensvereinigungen profitieren von diesem Angebot. Ein besonderer Schulausflug, ein Sommerlager oder eine Zirkuswoche – das alles können Sternenprojekte sein. Organisiert werden sie von den Institutionen, wir tragen finanziell zum Gelingen bei.

    Wie kommen die Wünsche zu Ihnen und wie werden sie in die Realität umgesetzt? Wie muss man sich das vorstellen?
    Die Wünsche erreichen uns in der Regel durch ein Anmeldeformular auf unserer Website, welches die Eltern ausfüllen können. Von unseren Angeboten erfahren die Eltern meistens durch Elternvereinigungen, dem Spitalpersonal oder durch Netzwerke von Organisationen, die sich für betroffene Kinder und Familien einsetzen. Sobald ein Wunsch bei uns eingegangen ist, melden wir uns telefonisch bei der Familie für ein erstes Gespräch. Anschliessend nehmen wir den Wunsch bei uns auf und die Planung beginnt. Eine «Wunschfee», so nennen wir unsere Mitarbeiterinnen, die die Wünsche erfüllen, plant den Wunsch von A bis Z in enger Absprache mit der Familie, sodass der Wunsch möglichst den Vorstellungen des Kindes/Jugendlichen entspricht.

    Wie sieht Ihr Team aus?
    Die Sternschnuppe verfügt über Standorte in Zürich und Lausanne. In Zürich arbeiten neben der Geschäftsleiterin sieben weitere Mitarbeitende. Fünf davon sind für die Organisation der Wünsche zuständig. Daneben gibt es noch Mitarbeitende in den Bereichen Spendenverwaltung und Kommunikation. In Lausanne sind neben dem Geschäftsleiter drei Mitarbeiterinnen mit Wunscherfüllungen beschäftigt. In Zürich unterstützt uns ausserdem ein Zivildienstleistender.

    Wie sehen die Herzenswünsche der Kinder und Jugendlichen aus?
    Die Wünsche, die uns erreichen sind so unterschiedlich und besonders, wie unsere Sternschnuppe-Kinder, die sie träumen. Mal schlägt das Herz eines Kindes für Tiere, mal für ausgefallene Gefährte oder für einen Sport- oder Filmstar. Wir freuen uns auch immer sehr über aussergewöhnliche Wünsche: Einmal selbst Kirchenglocken läuten, auf einem Drachen fliegen oder einen Tag lang in einem möglichst hohen Gebäude Lift fahren. Die Wünsche der Kinder begeistern uns immer wieder von neuem und wir lassen uns gerne durch die Leidenschaft der Kinder, die sie träumen, anstecken. Unsere Mitarbeitenden setzen deshalb alles daran, Unmögliches möglich zu machen und dem Kind ein unvergessliches Erlebnis zu schenken.

    Was sind die grössten Herausforderungen bei der Erfüllung der Wünsche?
    In den meisten Fällen schaffen wir es, die Wünsche zu erfüllen. Natürlich stossen wir an unsere Grenzen, wenn ein Kind auf den Mond fliegen oder im Lotto gewinnen möchte. Wir erfüllen Wünsche im Erlebnisbereich, machen also keine materiellen Geschenke. Unsere Mitarbeiterinnen, die «Wunschfeen», setzen alles daran, den grossen Tag für das Kind so detailgetreu wie möglich umzusetzen und überlassen nichts dem Zufall. Oft ist diese Arbeit kreativ und ideenreich. Einen Wunsch zu organisieren, bedeutet aber auch sorgfältige Abklärungen und viel organisatorisches Geschick.

    Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Job?
    Es ist das Wissen, dass nicht nur ein Herzenswunsch erfüllt wird, sondern vielleicht sogar das Leben dieses Kindes sowie seiner Familie auf eine Weise bereichert, die es für immer in Erinnerung behält. Diese Momente schaffen eine aussergewöhnliche Sinnhaftigkeit, die jenseits von materiellen Erfolgen oder Karrierezielen liegt. Wir spüren tagtäglich den positiven und unmittelbaren Einfluss auf das Leben anderer Menschen, vor allem auf jene, die oft mit Herausforderungen konfrontiert sind, die ihnen in ihrem Alltag viel abverlangen. Unsere Arbeit stärkt das Gefühl von Gemeinschaft und Solidarität. Oft arbeiten Familien, Organisationen und Freiwillige zusammen, um diese Träume zu realisieren. Es entsteht ein starkes Gefühl der Verbundenheit und des gemeinsamen Engagements, das aufzeigt, wie viel Positives erreicht werden kann, wenn Menschen zusammenarbeiten und sich von der Magie von Kinderträumen anstecken lassen.

    Welche Bedeutung hat die Erfüllung der Herzenswünsche für die Sternschnuppe-Familien?
    In unserer Stiftung erleben wir immer wieder, wie die Erfüllung eines Herzenswunsches Kindern und Jugendlichen sowie ihren Familien Kraft und das Gefühl gibt, die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen. Es ist, als würde das Kind sagen: «Ja, ich bin in dieser Welt, und ja, es gibt Herausforderungen – aber meine Gedanken und Träume sind frei.» Sie zeigen auf, dass der Wille zu träumen sich von nichts und niemandem aufhalten lässt. Ein erfüllter Wunsch kann das Gefühl geben, dass alles möglich ist – auch wenn der Körper oder die Krankheit manchmal Grenzen setzt.

    Wie werden die Herzenswünsche finanziert?
    Unsere Angebote finanzieren wir ausschliesslich mit Spenden. Die uns anvertrauten Mittel verwenden wir zum grösstmöglichen Teil für unseren Stiftungszweck und setzen sie im Sinne unserer Spenderinnen und Spender ein.

    Was wünschen Sie sich für die Stiftung Kinderhilfe Sternschnuppe?
    Ich wünsche mir, diese wertvolle Arbeit noch viele weitere Jahre weiterführen zu können mit vielen engagierten Menschen, die für unsere Mission brennen und uns dabei zur Seite stehen.

    Hat die Stiftung künftig weitere Projekte geplant?
    Aktuell werden 402 Wünsche von unseren Wunschfeen organisiert. Diese Träume zu realisieren hat aktuell oberste Priorität und wir freuen uns, jeder dieser Wünsche zu einem einzigartigen und unvergesslichen Ereignis werden zu lassen.

    Interview: Corinne Remund

    Weitere Informationen:
    www.sternschnuppe.ch

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