Kolumne von Franz Grüter
Das gibt es eigentlich nur in der Schweiz. Auf dem Platz vor dem Bundeshaus hüpfen Kinder fröhlich durch Wasserfontänen, die aus den Düsen im Steinboden zischen. Und immer ganz früh am Dienstagmorgen verwandelt sich der Bundesplatz in einen grossen Markt. Dann richten die Bauern und Marktfahrer aus der Umgebung ihre Stände ein und verkaufen ihre Produkte: Früchte, Gemüse, Blumen, Käse und Fleisch.
In welchem Land sonst dürfen Kinder draussen vor dem höchsten Parlament spielen? Und wo sonst laufen Politikerinnen und Politiker frühmorgens durch einen Bauernmarkt, um ins Regierungsgebäude zu kommen? Das gibt es eigentlich nur in der Schweiz. Aber warum schreibe ich «eigentlich»? Es hat sich etwas geändert – und zwar nicht erst durch die illegale Besetzung des Bundesplatzes durch sogenannte «Klima-Aktivisten».
Es hat schon früher begonnen – und es hatte ebenfalls mit den angeblichen Klima-Rettern zu tun. Bis vor kurzem standen keine uniformierten Sicherheitskräfte vor dem Eingang zum Bundeshaus. Das war mehr als symbolisch. Die Botschaft dahinter lautete: In der Schweiz müssen nicht Polizeikräfte das demokratisch gewählte Parlament bewachen. Dann aber ketteten sich Mitglieder einer radikalen Klima-Bewegung an die Eingangstüren und beschmierten das Bundeshaus mit blutroter Farbe. Nun müssen Polizisten vor dem Gebäude postiert werden.
Das ist schon traurig genug, aber leider nicht das Ende. In der letzten Sessionswoche besetzten «Klima-Aktivsten» in der Nacht zum Montag den Bundesplatz und errichteten ein illegales Zeltlager, obwohl politische Veranstaltungen während dieser Zeit verboten sind. Offenbar wusste die linksgrüne Stadtregierung von der Aktion, das zeigte nur schon die Tatsache, dass das Klima-Camp mit Strom und Wasser versorgt wurde.
Klima-Retter hinterlassen Abfallberge
Wir von der SVP-Fraktion verlangten, dass die Stadt die Rechtsordnung wiederherstellt und den Platz räumt. Nicht zuletzt auch für die Marktleute am Dienstagmorgen. Die linksgrüne Stadtregierung beschwichtigte und sagte, man verhandle mit den Klima-Aktivisten. Diese versprachen schliesslich, man werde Platz machen für den «Märit». Was sie nicht taten. Eine ironische Peinlichkeit: Die angeblichen Klima-Retter verhindern, dass lokale Produzenten ihre nachhaltig hergestellten Produkte direkt verkaufen können. Und am Schluss hinterlassen die Besetzer Berge von Abfall.
Der Vorfall ist aber mehr als nur eine lächerliche Episode. Es geht viel tiefer in das Verständnis von Demokratie und Rechtsordnung. Man muss sich nämlich langsam fragen, ob unser Rechtsstaat noch jeden gleichbehandelt. Die Marktfahrer brauchen eine Bewilligung, sie müssen für ihren Stand zahlen und werden quasi mit dem Massband kontrolliert. Auf der anderen Seite dürfen sich die linksgrünen Aktivisten austoben, ohne dass sie eine Busse bekommen oder sonst eine Konsequenz zu fürchten haben. Wer sich illegal verhält, wird belohnt, solange die (linksgrüne) Gesinnung stimmt. Und die Marktfahrer sind die dummen Geprellten. Ist das wirklich die Botschaft, die wir aussenden wollen?
Es geht auch um das Verständnis von Demokratie und Meinungsvielfalt. Wir haben in dieser Session das CO2-Gesetz beraten. Natürlich haben die Klima-Aktivisten viel radikalere Forderungen. Warum auch nicht. Aber es geht um die Art und Weise, wie politische Entscheidungen zustande kommen: nämlich demokratisch. Und dass man demokratische Prozesse respektiert. Ich habe aber den Eindruck, dass die Klimabewegung längst von linksradikalen Kräften übernommen wurde. Sie geben vor, die Welt zu retten, wollen aber unsere demokratische Wirtschafts- und Rechtsordnung abschaffen. Das zeigt auch ihr Auftreten: Es wird demonstriert, besetzt, gedroht und Ultimaten gestellt.
Damit sind wir bei den Medien und ihrer Rolle angelangt. Das Schweizer Fernsehen hat den Bundesplatz-Besetzern gleich die Arena freigeräumt. Man merke sich auch hier: Krawall und illegale Aktionen werden mit Fernseh-Sendungen belohnt… natürlich gilt auch bei SRF, dass dafür die «richtige» (linksgrüne) Gesinnung vorliegen muss. Als die Klima-Aktivsten erfuhren, dass SVP-Nationalrat Roger Köppel auf der Gegenseite eingeladen wurde, haben sie ihre Teilnahme kurzerhand abgesagt. Er sei ein «Klima-Leugner» und «hetze» gegen die Klima-Bewegung. Man will also keinen Widerspruch. Wer eine andere Meinung vertritt, ist ein «Hetzer» und «Leugner». Antidemokratische Ausgrenzung statt Debatte.
So wie es ausschaut, müssen wir die Demokratie vor den selbsternannten Klima-Rettern retten.